Angeln in MV oder … nachts beißen nur die Mücken

Neues Jahr, neues Glück. Der Frühsommer naht und damit auch das Jagdfieber. Eigentlich hat es ja nur geschlummert, nur verschlafen. Wie unsere Ruten, die unbedingt mal wieder in Augenschein genommen werden sollten. Das Notdürftigste wird in den Tagen vorab erledigt und die Angelausweise erscheinen eher wie der heilige Grahl als das Tackle an sich. 

Wir sind in dieser Hinsicht pragmatisch. Hauptsache wieder dort sein. Heimat liegt seit Tagen in der Luft, auch wenn man selbst noch hunderte Kilometer weit weg ist.  Die Zeit kann gar nicht schnell genug vergehen und an die Fahrt auf den Autobahnen grob Richtung Norden kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern. Ankommen und Ruten auspacken. Leider geht es dann doch nicht so schnell. Angelkarten müssen organisiert werden. Vor ein paar Jahren ging das etwas einfacher in einem Dorf am Lewitzrand zu erledigen, dann mussten wir in die Hauptstadt. Kilometer werden also nicht nur für die Fische abgerissen. Egal. Das Alles wird locker durch die bevorstehenden Pirschen wettgemacht und durch die schönsten Sommerimpressionen vor dem geistigen Auge überholt. Warmer Wind und weite Sicht. Baumalleen und verlockende Schilfränder umgeben von einem Meer aus Grüntönen und pflanzlichen Formen lassen das Anglerherz höher schlagen.

Ich sage den Leuten immer gerne: Da wo ich herkomme, machen andere Urlaub. Ironischerweise bin ich das nun selbst. Und Angeln sollte überhaupt Urlaub oder zumindest Erholung sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das manchmal nur bedingt klappt – und dafür muss es nicht einmal brütend heiß sein, tausende Mücken über einem schweben oder die Bremsen (bei uns liebevoll Kuckucke genannt) stete Angriffe auf sämtliche Extremitäten fahren. All das nimmt man gerne in Kauf, lässt man über sich ergehen und einfach darüber die Nacht hereinbrechen. Die Dämmerung und die Schatten der Nacht haben überall auf der Welt ihren Reiz – nur geht von jedem Ort ein individueller Reiz aus, ein fast metaphysischer Schein, der in MV seinen ganz eigenen Ausdruck erreicht. Und wenn man dann noch seine drei Ruten im Wasser liegen hat – was will man als Petrijünger mehr?! 

Ich erinnere mich gut an so manchen nächtlichen Sommeransitz, insbesondere an unserem Hausgewässer. Zielfisch war natürlich der Aal. Zuvor haben wir erst einmal auf Plötzen und Schleien geangelt. Mit diesen Fischen war in den lauen Abendstunden immer zu rechnen. Mais und Würmer reichten an den Winkelpickern, Posen- und Stippruten vollkommen aus. Schlichtes Angeln ohne viel Schnickschnack. Wenn die Bisse dann nach der Dämmerung weniger wurden, wechselten die Köder auf Mistwurmbündel und Tauwurm (Mistwürmer waren meist die bessere Wahl). Jetzt hieß es warten und die vorsichtigen Bisse an den Grundruten zu erkennen. Uns dienten dazu einfache, bunte Wäscheklammern mit Knicklichtern als Bissanzeiger.

Event Image

Angeln an Seen in MV

Die Aale sind in stehenden Gewässern weitaus vorsichtiger als in Elbe oder Rhein. Kein Vergleich. Ganz zaghaft wird die lockere Schnur von der Rolle gezogen und die Klammer fängt an zu tanzen. Wenn überhaupt haben wir nur noch geflüstert und gebannt Richtung Rute gestarrt. Abwarten. Nimmt er mehr Schnur? Jetzt! Anhieb! Ins Leere. Mist, dass war doch zu früh. So ging es uns die ein oder andere Nacht. Keine Sorge, ein Aal blieb meistens hängen und anschließend sinnierten wir darüber, wie das Aalangeln früher herrlich gewesen sein muss (wenn man den Geschichten „der Alten“ glauben mag). Es ist eben etwas schwieriger geworden und der Angler muss sich und seine Taktik an die neuen Gegebenheiten anpassen, oder?

Ich kann mich darüber hinaus gut erinnern, wie wir über das Gewässerreichtum in MV diskutiert haben und es einem gerade im Nachhinein bewusst wird, wie gerne wir die Qual der Wahl hatten. So viele vielfältige fließende und stehende Gewässer gibt es dort. Alleine für nur einen Bruchteil der gesamten Mecklenburger Seenplatte reicht ein Anglerleben wohl nicht aus – gar nicht zu sprechen von der mannigfaltigen Flora und Fauna, die es zu entdecken gibt. Ein Ausflug an den Schweriner See, ein Tagestrip an die Müritz oder gar ein Urlaub am Fleesensee? Da steht der versierte Angler vor einer schwierigen Entscheidung. Klar, die großen stehenden Gewässer sind nochmal eine neuerliche Herausforderung und ohne Ortskenntnisse, und vielleicht sogar ein Guiding, wird sich zumindest ein kapitaler Fangerfolg so schnell nicht einstellen.

Andererseits sind wir doch ehrlich: Angeln heißt nicht „Fische greifen“! Es ist der Gesamteindruck der zählt. Das große, ganzheitliche Naturerlebnis, welches jeden Angler, seit er das erste Mal seine Rute ins Wasser gehalten hat, begleitet. In diesem Sinne: Ran ans Wasser und Rute rein!

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